inforadio rbb (Rundfunk Berlin-Brandenburg),
"Quergelesen", Sendung vom 27.05.2007
Vito von Eichborn im Gespräch
Vito von Eichborn im Gespräch
Eichborn, Jahrgang 1943, war Lektor bei S. Fischer, gründete 1980 den Eichborn Verlag mit einem Programm von Spontisprüchen und Walter Moers bis zur Anderen Bibliothek. Er hat für Senator Entertainment den schwächelnden Europa Verlag aufgebaut und ist seit 2006 Herausgeber der Reihe Edition BoD im Verlag "Books on Demand". Den umtriebigen Buchmacher hat Harald Asel im März auf der Leipziger Buchmesse getroffen.
Vito von Eichborn über "Aljoscha der Idiot" von Christian Erdmann auf der Leipziger Buchmesse 2007 (ab 14:30):
Transkript:
(ab 16:05)
"Etwas bleibt – wissen Sie das im Vorfeld schon?"
"Nein! Alle Zeitgenossen haben sich immer geirrt. Die Zeitgenossen hielten Gutzkow für bedeutender als Goethe. Ich maße mir nicht an, irgendwelche Ewigkeitswerte auch nur ansatzweise beurteilen zu können. Ich kann nichts anderes tun als ein gutes Handwerk zu liefern und zu hoffen, daß was Bleibendes dabei war. Das Meiste verschwindet; in dieser Zeit jetzt ohnehin, in der Beschleunigungszeit. Welches der Bücher oder der Autoren bleibt, für die ich verantwortlich war – es wäre vermessen, darüber auch nur nachzudenken. Aber alle Erfahrung sagt, irgendwas wird schon bleiben. Ich habe Spuren hinterlassen – welche es sind, weiß ich nicht. Das müssen die Späteren beurteilen."
"Wie ist das jetzt mit Ihrer neuen
Herausgeber-Tätigkeit hier bei Books on Demand, mit dieser Edition? Auch da ist
es ja so, durch die neuen technologischen Entwicklungen ist es möglich, von der
Auflage 1 bis zur Auflage 1.000.000 alles zu liefern, was der Markt braucht.
Gleichzeitig ist das große Problem, wie kommen eigentlich die Themen wiederum
an die Leser? Wie erfahren die davon? Und da gibt es ja nun bei vielen die
Befürchtung, egal ob ich jetzt eine Auflage drucke, die feststeht, oder ob ich
sage, ich setze das ins Internet und warte, bis irgend jemand auf die Idee
kommt, das Buch möchte ich gerne haben, und drucke es dann – die
Wahrnehmungsschwelle wird immer höher. Was machen Sie da? Was ist da Ihre
Idee?"
"Naja, zunächst mal bleiben wir auf dem Teppich. Ich
wähle aus den Büchern aus, die die Autoren selbst bei BoD veröffentlicht haben,
und sage zu jedem dieser Bücher: dies ist ein Buch, das es verdient hat, in einer
Buchhandlung geführt zu werden. Oder: dies ist ein Buch, das genausogut in
einem herkömmlichen, traditionellen, etablierten Verlag hätte erscheinen
können. Das behaupte ich von jedem dieser Bücher, und danach wähle ich aus. Das
ist noch nicht die Frage nach Größe. Sondern zunächst mal ein gewisses Maß an
Professionalität dieser Autoren, so daß ich es für handelsverträglich halte.
Und dann gibt es so einen Fall wie dieses neue Buch
jetzt, 'Aljoscha der Idiot' – das ist ganz große, ganz ganz große Literatur.
Und es ist anspruchsvoll. Und es ist zu anspruchsvoll für den Markt. Je
intelligenter ein Buch, um so weniger Leser gibt es dafür. Das ist so
intelligent, daß die herkömmlichen Verlage es ablehnen, und sie lehnen ein
Juwel ab."
(ab 22:20)
"Dann gibt es jemanden, der philosophiert,
wunderbar. Bis zu jetzt meinem neuen Liebling im Moment gerade, Aljoscha,
'Aljoscha der Idiot' – bitte unbedingt lesen, allesamt! 'Aljoscha der Idiot' ist
ganz große, ganz ganz große Literatur. Sie ist nicht leicht, ich warne, man muß
sich ein bißchen Mühe geben. Aber
dann ist es ein traumhaft gutes Buch."
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