Dies ist literarisch das Beste, was ich in den letzten Jahren gelesen habe.
All die neue Realitätsliteratur, wo Autoren Wirklichkeiten abschreiben und Literatur behaupten, ist banal und langweilig im Vergleich zu "Aljoscha".
Erdmann erzählt das Unsagbare.

Vito von Eichborn, Verleger und Herausgeber







24.08.2021

Rezension No. 10





15. Februar 2008 

"Meine paar Groschen Verstand sind verspielt..."

Von Zadig




"Wer die Deutsche Sprache liebt, wird auch dieses Buch lieben", schrieb ein anderer Rezensent - eine Behauptung, der ich mich anschließen möchte. Die außergewöhnlich lebendige und komplexe Sprache ist eine der großen Stärken dieses Romans. Sie macht einen erheblichen Teil von dessen Faszination aus, indem sie auf geschickte Weise immer wieder überrascht und fesselt.

Den Leser erwarten eine Liebesgeschichte, deren wohltuende Handlungsarmut ihr ausreichend Platz lässt, um sich auszudehnen und, als Umkehrschluss daraus, einen perfekt eingefangenen Entfremdungsprozess, der ihn ein um das andere Mal traurig lächeln lassen wird. Ein unausgleichbarer Gegensatz und eine Unterlegenheit unter das Schicksal, ausgelöst durch eine rätselbehaftete Fremde, die exakt so geheimnisvoll und unnahbar ist, wie sie sein muss.

Der Roman konzentriert sich weitestgehend auf die Gefühls- und Erlebniswelt des Aljoscha. Diese aber ist so intensiv, dass sie eine dichte Körperhaftigkeit und Mehrdimensionalität schafft, die Aljoscha stofflich, von allen Seiten greifbar und sinnlich erfahrbar werden lässt.

Es gelingt dem Autor gewissermaßen, den Leser in Aljoschas Gedankenräumen einzusperren, wo er sich mal vorsichtig dessen Hirnwindungen entlang tastet, mal von einer Gedankenstromschnelle unerwartet fortgerissen wird, um sich ein Stück weiter wieder hochzurappeln, neuzuorientieren und schon neugierig um die nächste Ecke zu schielen.

Gemessen an dieser Intensität müssen die wenigen übrigen Personen notgedrungen blass bleiben und wollen dies auch. Gegen Ende wird über einen Schwebezustand, ein kleines Handlungsvakuum, ein geradezu gemein raffinierter Spannungsbogen hergestellt, der den Leser unruhig umherrutschen lässt und fast zum Weiterblättern verführen könnte.

Kein leichtes aber ein lohnendes Buch für den, der es mag, Sprache auf sich wirken zu lassen und in ihr zu versinken. Wer weiß, vielleicht findet man sogar ein Stück von sich selbst darin wieder. Und selbst wenn nicht, so darf man zumindest damit rechnen, von der Geschichte berührt und eingefangen zu werden.





















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